Was geschieht mit Softwarelizenzen, wenn über das Vermögen des Softwareherstellers das Insolvenzverfahren eröffnet wird? Welche Auswirkungen hat eine Insolvenz des Softwareanwenders für das Softwarehaus?
Mit diesen Fragen beschäftigte sich am 22.3.2007 Rechtsanwalt Thomas Steinle, LL.M. (legal informatics) auf der Veranstaltung der IHK Karlsruhe „Die Sicherung von IT-Investitionen“ der Praxisreihe Fachthemen in der Technologiefabrik Karlsruhe.
Angesprochen wurden dabei die Grundlagen der Softwarelizenzierung und des Insolvenzrechts, ferner die aktuelle Rechtsprechung zur Insolvenzbeständigkeit von Softwarelizenzen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Vertragspraxis, des weiteren die Möglichkeiten einer Quellcodehinterlegung (Software-Escrow).
Im Jahre 2003 urteilte das Landgericht Mannheim, daß im Falle der Erfüllungsablehnung des Insolvenzverwalters nach §103 InsO mit Erlöschen des Lizenzvertrags auch die Softwarelizenz erlösche. Mit weit reichenden Konsequenzen: Der Anwender darf die Software nicht mehr nutzen, sämtliche auf die Software getätigten Investitionen gehen verloren (bereits gezahlter Kaufpreis, Customizing, Schulungen), ggf. eingeräumte Unterlizenzen gehen verloren (verhängnisvoll z.B. für Softwareunternehmen, die ein Modul für die eigene Software bei einem – nun insolventen – Softwarehaus haben programmieren lassen), auch die Bank als Sicherungsgeberin des Softwarenutzers kann mit dem Erlöschen der Softwarelizenz ihre Sicherheiten verlieren.
Einen entschieden Schritt in Richtung Insolvenzfestigkeit von Softwarelizenzen geht ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2005. Aufgrund einer – freilich sehr speziellen Situation – „überstand“ die Softwarelizenz die Insolvenz des Lizenzgebers. Aus diesem Urteil lassen sich aber Hinweise auf eine Vertragsgestaltung gewinnen, mit der die Nutzungsrechte des Anwenders an der Software eine Insolvenz des Softwareherstellers überstehen lassen.
Aus dieser Entscheidung können auch Erkenntnisse für den umgekehrten Fall – der Insolvenz des Softwareanwenders – gewonnen werden. Zwar wird der Insolvenzverwalter in diesen Fällen in der Regel den Softwarevertrag erfüllen wollen, denn die Nutzung einer Software kann für das in die Insolvenz geratene Unternehmen geradezu lebensnotwendig sein. Mißlich für den Softwarehersteller war hierbei aber, daß er sich im Fall der Insolvenz des Anwenders mit einem neuen Vertragspartner konfrontiert sah. Die aus diesem Grund in Softwareverträgen häufig vereinbarten Lösungsrechte des Softwareherstellers für den Fall der Insolvenz des Kunden waren in der Regel wegen Verstoß gegen zwingende insolvenzrechtliche Vorschriften unwirksam.
Schließlich dürfte die Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch Auswirkungen auf die Insolvenzfestigkeit von Hinterlegungsvereinbarungen (Software-Escrow) haben. Es spricht nun einiges dafür, solche Hinterlegungsvereinbarungen – gleichgültig ob im Zweiparteienverhältnis (Softwarehaus-Anwender) oder unter Einschaltung eines Treuhänders (Escrow-Agent) – insolvenzfest vereinbaren zu können.
(RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe)