Vertragstypus bei Softwareverträgen
Bei Geschäften, welche die Überlassung von Software zum Gegenstand haben, stellt sich stets die Frage nach dem passenden Vertragswerk. Für die Entscheidung der geeigneten einzusetzenden Vertragsnormen sind zuvorderst mehrere Überlegungen ausschlaggebend:
- Handelt es sich bei der zu überlassenden Software um speziell auf die Bedürfnisse des Erwerbers zugeschnittene Software oder handelt es sich um ein Produkt, welches ohne weitere funktionale Anpassungen an einen breiten Anwenderkreis gerichtet ist?
- Soll die Software auf Dauer (und in der Regel gegen Einmalzahlung) an den Vertragspartner überlassen werden oder wird die Software nur auf Zeit überlassen (deren Laufzeit sich in der Regel stets um eine weitere Laufzeit verlängert), in der Regel gegen wiederkehrende Lizenzzahlungen?
Wird die Software, welche auf einen breiten Anwenderkreis zugeschnitten ist auf Dauer überlassen, spricht man von einer Softwareüberlassung in Form des Kaufs bzw. je nach Sichtweise des Verkaufs einer Standardsoftware.
In diesem Fall ist das Kaufrecht nach §§ 433 ff. BGB anwendbar – und zwar unabhängig davon, ob die Software auf einem Datenträger überlassen wird oder als Download zur Verfügung gestellt wird. Die Zuordnung zum anwendbaren Recht ist auch unabhängig davon, wie die Parteien den Vertrag bezeichnen. Liegen oben genannte Kriterien vor, ist auch eine „Lizenz“ oder eine „Nutzungsbedingung“ als Kaufvertrag einzuordnen. Dies gilt selbst dann, wenn Vertragsformulierungen auf die Nichtanwendung von Kaufrecht hinweisen wollen, indem etwa „die Software nicht gekauft“ werde oder „Eigentum an der Software nicht übertragen“ werde bzw. „das Eigentum beim Überlasser der Software verbleibe“. Dies ist für die Einordnung der anwendbaren gesetzlichen Rechtsnormen schlichtweg unbeachtlich.
Softwarekauf vs. Softwaremiete
Klauseln zu Kündigungsrechten können ein Hinweis auf eine Softwareüberlassung auf Zeit, d.h. einer Miete der Software, sein. Wiederkehrende Zahlungen können auch ein solches Indiz für eine Softwaremiete darstellen, wobei hier auch eine Ratenzahlungskauf in Betracht kommen könnte und im Zweifel genau zu prüfen ist, ob die wiederkehrende Zahlungsverpflichtung nicht vielleicht einer laufenden Pflege oder Wartung der Software geschuldet ist.
Im Gegensatz zur Softwaremiete wird der Erwerber beim Softwarekauf Eigentümer der Software, er darf daher (mehr oder weniger) wie ein Eigentümer mit seiner Kopie der Software verfahren. Der Erwerber darf seine Programmkopie oder selbst die online erworbene Lizenz weiter verkaufen, da sich das urheberrechtliche Verbreitungsrecht gemäß § 69c Nr. 3 UrhG beim Softwarekauf erschöpft. Zu beachten ist allerdings, dass im Gegensatz zur Softwaremiete die Gebrauchstauglichkeit der Software vom Überlassenden nicht aufrechterhalten werden muss. Aus einem Kaufvertrag hat der Erwerber daher kein Recht auf Weiterentwicklungen oder Verbesserung der Software und auch nur im Rahmen der Gewährleistung innerhalb der dort geltenden Fristen Anspruch auf Mangelbeseitigung. Gerade bei hochpreisiger oder besonders wichtiger Software empfiehlt sich beim Softwarekauf daher, über die Notwendigkeit eines Pflege- oder Wartungsvertrags hinsichtlich der Software nachzudenken.
Kauf von Standardsoftware, Anpassung und Customizing
Soll eine Standardsoftware geliefert werden und diese aber an die Bedürfnisse des Erwerbers individuell angepasst werden, kann je nach Umfang und Art und Weise der Anpassungsleistungen eine Kaufvertrag, ein Werklieferungsvertrag oder für das Customizing als individuelle Softwareerstellung das Werkvertragsrecht Anwendung finden (dann neben dem Kaufrecht zur Überlassung der Standardsoftware).
Leistungsbeschreibung beim Softwarekauf
Ein Kaufvertrag über Standardsoftware enthält in der Regel eine Beschreibung der zu überlassenden Software und auch insbesondere, ob auch der Sourcecode mit überlassen werden soll. Beim Verkauf von Standardsoftware ist dies in der Regel nicht der Fall. Die Leistungsbeschreibung der Software ist wichtig für die Beurteilung, ob ein Softwaremangel vorliegt. Denn im Zweifel kann mit der Leistungsbeschreibung ermittelt werden, welche Funktionen und welche Beschaffenheit die Software hat. Die Leistungsbeschreibung muss bei Standardsoftware in der Regel allerdings nicht so ausführlich sein wie bei Individualsoftware, bei welcher die zu erstellende Software in einem Lasten- und Pflichtenheft so genau wie möglich umschrieben sein sollte.
Nutzungs- und Verwertungsrechte beim Softwarekauf
In der Regel werden bei der dauerhaften Überlassung von Standardsoftware dem Anwender einfache (nicht-ausschließliche) Nutzungsrechte an der Software eingeräumt, diese ablaufen zu lassen und zu vervielfältigen, sofern dies für die bestimmungsgemäße Benutzung der Software erforderlich ist. Bearbeitungs-, Änderungs- oder Umarbeitungsrechte werden in der Regel nicht eingeräumt bzw. nur im gesetzlich zwingend vorgesehenen Umfang. Gleiches gilt auch für die Vervielfältigungsrechte (zum Beispiel dem Recht, eine Sicherungskopie anzufertigen). Nicht vergessen werden sollte, Angaben zur Art und Weise der erlaubten Nutzung zu machen. So sollte geregelt sein, ob es sich etwa um so genannte Arbeitsplatzlizenzen, named-User-Lizenzen oder Unternehmens- oder Konzernlizenzen handelt oder ob die Anzahl der zeitgleichen Nutzung mehrerer Nutzer für die Bemessung der Anzahl der Lizenzen ausschlaggebend sein soll (concurrent User). Ein Weiterverbreiteten der konkreten Programmkopie – zum Beispiel in Form des Weiterverkaufs oder des Weiterverschenken der Software – kann beim Softwarekauf nicht wirksam untersagt werden, da eine entsprechende Beschränkung des Verbreitungsrechts des Bewerbers unwirksam wäre.
Die Gewährleistung beim Softwarekaufvertrag
Normalerweise beinhalten Softwarelizenzen in Form eines Standardsoftwareverkaufs Regelungen bei Eintreten eines Gewährleistungfalls. Diese Vorschriften orientieren sich an den gesetzlichen Vorschriften zum Kaufrecht und können auch bei formularmäßig festgeschriebenen Lizenzbedingungen zumindest im b2b-Bereich Modifikationen zu Gunsten des Veräußerers (z.B. Verkürzung der Gewährleistungsfrist) enthalten. Zu beachten ist im Unternehmensverkehr außerdem die sofortige Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB.
Die Haftung beim Softwareverkauf
Die Haftung kann nach deutschem Recht in den meisten Fällen nicht beschränkt werden, außer in den Fällen der einfachen Fahrlässigkeit. Zu beachten ist hierbei, dass ein nichtrechtskonformer Haftungsausschluss die gesamte Haftungsklausel unwirksam werden lässt mit der Folge, dass die gesetzliche unbegrenzte Haftung gilt. Eine zu haftungseinschränkend formulierte Haftungsklausel bewirkt damit das genaue Gegenteil.
Je nach Komplexität und Preis der Software können die Regelungen in einem Standard-Software-Überlassungsvertrag auf Dauer noch Mitwirkungspflichten der Parteien enthalten, Vertraulichkeits- und Geheimhaltungspflichten oder Vereinbarungen zur Hinterlegung der Software (Software-Escrow – etwa für den Fall der Insolvenz des Softwareherstellers).
RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe