…oder die Endlichkeit der Entgeltlichkeit von manch einem Online-Branchenverzeichniseintrag.
Hier nun mal ein Beitrag abseits vom IT-Recht, eCommerce oder Datenschutzrecht (obwohl das Urteil auch Relevanz für Abofallen – also doch „irgendwie Internetrecht“ haben kann):
Wie ich gerade festgestellt habe, hat der Bundesgerichtshof zum bekannten Thema der beliebten Masche mancher (weniger) Branchenverzeichnis-Betreiber geurteilt, welche unaufgefordert teilweise vorausgefüllte Formulare für einen – scheinbar – kostenlosen Online-Branchenverzeichnis-Eintrag an Unternehmen verschickten, welcher sich für viele überraschend als teurer Mehrjahresvertrag mit einer stolzen Vertragssumme erwies. Zumindest wenn man das Formular arglos zurückgefaxt hat.
Der Teufel steckte bei diesen Fällen nämlich im Detail: Im Kleingedruckten fand sich nach mehreren Aussagen schließlich der Hinweis auf die Laufzeit und die Kosten dieses Eintrags.
Wahlweise gibt es diesselben Fälle auch für Eintragungen ins Handelsregister: Auch hier bietet ein aufmerksamer Dienst – scheinbar – an, die Eintragung ins Handelsregister für eine gewisse Summe vorzunehmen. Denn auch hier kauft man sich für teures Geld den Eintrag in ein Online-Verzeichnis. Ach ja – in das Handelsregister wird von Amts wegen eingetragen – ohne dass man einen Dienst oder Verlag beauftragen muss – nur so am Rande.
Der Bundesgerichtshof hat nun – wenig überraschend – entschieden, dass die Klausel über die Entgeltlichkeit der Leistungen – sehr überraschend – für den Anwender ist. Und das bedeutet nach § 305c BGB: Die überraschende Klausel ist unwirksam.
Das bedeutet nun wohl das Aus des gesamten Geschäftsmodells – zum Leidwesen der Betreiber und zur Freude des Rests der Republik.
Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass mit dem Inkrafttreten der Button-Lösung zum 01.08.2012 auch das Ende des Abofallen-Geschäftsmodells droht. Hmm ja, für die dürfte das Urteil des BGH auch interessant sein. Immerhin können sich die Betreiber von Abofallen nun damit trösten, dass es mit diesem Bundesgerichtshofs-Urteil auch ohne einen „zahlungspflichtig bestellen“-Button deutlich schwieriger geworden wäre…
Der Vollständigkeit hier die Wiedergabe der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 26.07.2012:
Überraschende Entgeltklausel für Eintrag in ein Internet – Branchenverzeichnis unwirksam
Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zu der Frage getroffen, ob eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb nicht Vertragsbestandteil wird (§ 305c Abs. 1 BGB*).
Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…“ bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten „X“ hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: „Rücksendung umgehend erbeten“ und (unterstrichen) „zentrales Fax“. Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.
Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift „Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)“. In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: „…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr….“
Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür 773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Der u. a. für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall machte bereits die Bezeichnung des Formulars als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage ist daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.
*§ 305c BGB Überraschende und mehrdeutige Klauseln
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) ….
Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. Juli 2012 – VII ZR 262/11
Vorinstanzen: AG Recklinghausen – Urteil vom 24. Mai 2011 – 13 C 91/11; LG Bochum – Urteil vom 15. November 2011 – 11 S 100/11
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 26.07.2012
Ich kann dazu nur hinzufügen: Richtig entschieden…
(RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe)