Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein hatte in der Vergangenheit Facebook wegen der Untersagung der Nutzung von Pseudonymen (Klarnamenpflicht) gerügt.
In concreto hatte das ULD beanstandet, dass Facebook nunmehr eine Verwendung von Pseudonymen auf seiner Social-Network-Plattform untersagte, d.h. nur die Angaben des richtigen bürgerlichen Namens einer natürlichen Person erlaubt sei. Dies verstoße, so das ULD, gegen § 13 Abs. 6 des deutschen Telemediengesetzes (TMG).
Zum Zweck der Abhilfe seiner Beanstandung hatte das ULD eine Anordnung der sofortigen Vollziehung der Untersagung der Klarnamenpflicht gegenüber Facebook erlassen und zugestellt.
Facebook hat sich nunmehr vor dem Verwaltungsgericht (VG) Schleswig erfolgreich gegen diese Anordnung gewehrt. Das VG Schleswig kam in seiner Entscheidung nämlich zu dem Schluss, dass vorliegend wegen § 1 Abs. 5 BDSG nicht deutsches, sondern irisches Datenschutzrecht zur Anwendung komme, welches eine entsprechende Verpflichtung gem. § 13 Abs. 6 TMG nicht kenne.
Es sei auch unschädlich, dass es eine Facebook Germany GmbH mit Sitz in Hamburg gebe. Zwar ergäbe sich eine Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts bei dem Unterhalten einer deutschen Niederlassung. Bei der Facebook Germany GmbH würden die personenbezogenen Daten der Nutzer aber gar nicht verarbeitet, sondern diese Niederlassung würde nur Marketing betreiben. Alle nicht-nordamerikanischen Facebook-Nutzer würden von der Niederlassung in Irland verarbeitet. Es sei darüber hinaus auch unschädlich, dass Facebook Ireland auf Mittel der Firma Akamai zurückgreife, welche in Deutschland belegen seien, da die Firma Akamai nur im Auftrag von Facebook Ireland tätig werde.
Da nach Ansicht des VG Schleswig irisches Datenschutzrecht Anwendung finde, sei damit eine Anordung des ULD gem. § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG i.V.m. § 13 Abs. 6 TMG unwirksam.
Zu den Entscheidungen:
VG Schleswig – ULD gg. Facebook Inc., USA
VG Schleswig – ULD gg. Facebook Ireland Limited
Bei der Entscheidung des VG Schleswig ist allerdings zu beachten, dass es sich hierbei um ein Verfahren des Eilrechtsschutzes handelt, bei welchem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs von Facebook gegen die Anordung des ULD wieder hergestellt wurde. Dabei nimmt das Gericht nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vor.
Zum einen kann gegen diesen Beschluss noch Beschwerde vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht eingelegt werden – was das ULD angekündigt hat. Zum anderen läßt noch die Hauptsacheangelegenheit auf sich warten.
Anbei die Pressemitteilung des Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein:
Mit zwei Beschlüssen vom 14.02.2013 entschied das Verwaltungsgericht (VG) Schleswig im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Facebook Inc./USA und der Facebook Ireland Ltd. gegen das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) wegen der von Facebook durchgesetzten Klarnamenpflicht, dass ausschließliche Niederlassung von Facebook in Europa die Facebook Ltd. in Irland und deshalb auch in Deutschland nur irisches Datenschutzrecht anzuwenden sei (Az. 8 B 61/12, 8 B 60/12). Die Anordnungen des ULD auf Entsperrung von Facebook-Konten solcher Personen in Schleswig-Holstein, die ausschließlich und alleine wegen Nichtangabe oder nicht vollständiger Angabe von Echtdaten bei der Registrierung gesperrt worden sind, wurden vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Die Klarnamenpflicht steht unzweifelhaft im Widerspruch zu § 13 Abs. 6 des deutschen Telemediengesetzes. Im irischen Recht besteht dagegen kein expliziter gesetzlicher Anspruch auf anonyme oder pseudonyme Nutzung von Telemedien. Das ULD beruft sich auf deutsches Recht.
Gemäß den Beschlüssen des VG Schleswig ist nicht deutsches, sondern irisches Recht anwendbar, obwohl die gesamte Verkehrsdatenverarbeitung von Facebook mit den entsprechenden Profilbildungen in den USA erfolgt. Es soll danach auch keine Rolle spielen, dass das Unternehmen mit der Facebook Germany GmbH eine Niederlassung in Deutschland hat. Weiterhin sei nicht relevant, dass die wesentlichen Inhaltsdaten in Deutschland nicht nur erhoben, sondern hier auch von dem Dienstleister Akamai gespeichert und verarbeitet werden.
Der Leiter des ULD Thilo Weichert kommentiert die Beschlüsse: „Die Entscheidungen sind mehr als verblüffend und gehen in der Argumentation über das Vorbringen von Facebook hinaus, das die Nichtanwendbarkeit des deutschen Datenschutzrechtes damit begründete, Facebook Inc. in den USA sei nur der Auftragsdatenverarbeiter der Facebook Ireland Ltd. Sie sind in sich widersprüchlich, wenn sie die fehlende rechtliche Relevanz von Facebook Germany damit erklären, dass dort keine Daten verarbeitet würden, zugleich aber das Unternehmen in Irland für zuständig erklären, obwohl dort auch keine Daten verarbeitet werden.
Die Beschlüsse des VG Schleswig hätten zur Folge, dass eine One-Stop-Shop-Regelung, wie sie in einer europäischen Datenschutz-Grundverordnung – kombiniert mit einem ausgeklügelten Kooperationssystem der Aufsichtsbehörden – geplant ist, für die IT-Unternehmen gar nicht nötig wäre. Es käme nur darauf an, die Konzernstruktur so zu gestalten, wie es Facebook tut, also eine Niederlassung in einem EU-Staat mit niedrigem Datenschutzniveau für zuständig zu erklären. Dies war nicht die Regelungsabsicht der Europäischen Union.“
Deshalb wird das ULD die Beschlüsse des VG Schleswig vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht anfechten und hiergegen Beschwerde einlegen.
(Quelle: Pressemitteilung des ULD vom 15.02.2013)
RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe