Jeden Tag werden auf den mittlerweile fast schon unüberschaubar vielen im Internet zu findenden Bewertungsplattformen Produkt oder eine Dienstleistung oder der Dienstleister gleich selbst ;-) werden mit einem Kommentar oder einer Bewertung bedacht.
Das kann generell eine hilfreiche Sache für potentielle Interessenten an dem Produkt sein, wobei mit dem Aussagegehalt einer solchen Bewertung immer mit Vorsicht umzugehen ist.
Zum einen mehren sich die Berichte über gefakte Produktbewertungen (z.B. der Bericht auf stern.de). Zum anderen müssen die geposteten Berichte nicht unbedingt immer der Wahrheit entsprechen.
Letzteres kommt in der Tat aus der eigenen Beratungserfahrung immer häufiger vor: Ein meist anonym auftretender Teilnehmer der Bewertungsplattform gibt ein Statement ab, das nicht den Tatsachen entspricht – entweder um den Konkurrenten zu schädigen oder um mögliche negative Produkt- oder Dienstleistungserfahrungen durch übertriebene Falschangaben zu untermauern.
Grundsätzlich muss ein jeder, welcher mit einem Produkt oder einer Dienstleistung an die Öffentlichkeit herantritt, auch eine öffentlich geäußerte Kritik dulden. Dies hat vor kurzem erst wieder das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 08.03.2012 – Az. 16 U 125/11) unter Bezugnahme auf die spickmich-Entscheidung des BGH unterstrichen, insbesondere dass auch anonyme Bewertungen aus Gründen der freien Meinungsäußerung gem. Art 5 Abs. 1 GG zulässig sind.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung findet allerdings seine Grenzen, wenn es um die Behauptung unwahrer Tatsachen und Schmähkritik geht. Diesbezüglich steht dem Betroffenen ein Unterlassungsanspruch gegen den Verbreiter dieser Behauptungen zu.
Wie hat sich nun der Betreiber eines Bewertungsportals oder einer ähnlichen Internetplattform in solche einem Fall zu verhalten? Dieser genießt als Hostprovider ja bekanntermaßen die Privilegierung des § 10 Telemediengesetz (TMG) – er haftet also grundsätzlich für fremde Inhalte nicht. Allerdings verliert er diese Privilegierung, wenn er vom Betroffenen über die Rechtsverletzung positiv in Kenntnis gesetzt wird.
Nun steht – aus Sicht des Hostpoviders – quasi Aussage gegen Aussage. Der User, der den Beitrag gepostet hat, beteuert, ein Geschehnis hätte sich so wie beschrieben zugetragen. Der Betroffene behauptet, dass diese Behauptungen unwahr seien. Der Internet-Portalbetreiber kann es im Zweifel aber nur schlecht überprüfen.
Einen solchen Fall hatte kürzlich das LG Nürnberg-Fürth (Urteil v. 08.05.2012 – Az. 11 O 2608/12) zu entscheiden: Auf einer Bewertungsplattform für Ärzte hatte ein anonymer Nutzer mehrere negative Bemerkungen über einen Zahnarzt eingestellt. Hierbei wurde über eine Implantatbehandlung in einem bestimmten Zeitraum berichtet.
Der Zahnarzt wies den Plattformbetreiber darauf hin, dass er nach Durchsicht aller Patientenunterlagen solche von dem anonymen Nutzer beschriebene Implantatbehandlung in dem angegebenen Zeitraum gar nicht durchgeführt habe, weshalb die Angaben und auch die Bewertung unrichtig seien. Um sich ein Bild über den Sachverhalt zu machen, fragte der Plattformbetreiber bei dem Verfasser der Bewertung nach, ob sich der Sachverhalt so zugetragen habe wie von ihm dargestellt, was dieser bejahte. Nach erhalt dieser Antwort weigerte sich der Plattformbetreiber, den strittigen Beitrag samt Bewertung zu entfernen.
Dies sah das Landgericht Nürnberg-Fürth allerdings anders und verurteile den Betreiber des Bewertungsportals auf Unterlassung (der Darstellung der Bewertung) nach den Gesichtspunkten der Störerhaftung. Der Plattformbetreiber, so das Gericht, hätte auf die konkrete Beanstandung des betroffenen Zahnarztes hin den Sachverhalt sorgfältiger prüfen müssen und sich von seinem Kunden – dem Verfasser der Bewertung – einen Nachweis dafür vorlegen lassen müssen, dass die Behandlung tatsächlich stattgefunden hat.
(RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe)