Hinsichtlich der Frage, wann ein eBay-Verkäufer einen Verkauf gewerblich und wann privat vornimmt, gibt es inzwischen einen bunten Strauß an unterschiedlichen Entscheidungen. Gerade in jüngster Zeit sind hierzu eine Vielzahl von Entscheidungen ergangen.
Diese Frage ist für einen Verkauf bei eBay außerordentlich wichtig, entscheidet sie doch darüber, ob es sich hierbei um einen Kaufvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (b2c) oder lediglich um einen Kauf zwischen zwei Verbrauchern handelt. Die bei Abmahnern außerordentlich beliebten Frage der Rechtswidrigkeit einer Widerrufsbelehrung stellt sich nur bei einem gewerblich tätigen eBay-Verkäufer. Bei Privatverkäufen hingegen steht dem Käufer zum einen kein Widerrufsrecht zu und zum anderen kann bei einem Privatverkauf die Gewährleistung ohne weiteres ausgeschlossen werden.
Die Frage der Gewerblichkeit stellt sich relativ schnell, wenn ein Verkäufer über eBay viele Waren in kurzer Zeit anbietet. Dies kann ohne weiteres aber auch beispielsweise bei einem Erbfall oder einer „Kellerentrümpelung“ der Fall sein, wenn nicht mehr benötigte Einrichtungsgegenstände über eBay innerhalb kurzer Zeit verkauft werden. Zumal es sich auch in Rechtskreisen herumgesprochen zu haben scheint, daß es „gerade in Kreisen der jüngeren Bevölkerung verbreitet [ist], private Geschäfte über das Internet abzuwickeln“ (LG Mainz, Urteil vom 6.7.2005, Az. 3 O 184/04).
Wann handelt eine Person also als Unternehmer? Nach § 14 BGB ist Unternehmer eine natürliche Person, die bei Abschluß eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit wiederum ist eine planvolle, auf gewisse Dauer angelegte, selbständige und wirtschaftliche Tätigkeit, die nach außen in Erscheinung tritt. Erfaßt wird auch die nur nebenberufliche Tätigkeit, auf die Absicht einer Gewinnerzielung und auf den Umfang der Tätigkeit kommt es nicht entscheidend an.
Ausschlaggebend für diese Frage ist eine Gesamtschau des einzelnen Internetauftritts. Hierbei spielen Indizien, die typischerweise auf ein gewerbliches Handeln hindeuten, eine große Rolle.
Die Bezeichnung „Powerseller“ spreche für ein unternehmerisches Handeln, so das Landgericht (LG) Mainz in seiner Entscheidung vom 6.7.2005 (Az. 3 O 184/04). Denn dem Verkäufer stehe es frei, sich als Powerseller zu bezeichnen. Tut er dies, so erwecke er nach außen den Anschein eines Profiverkäufers. Auch die Vereinbarung von Vertragsstrafen spreche für ein gewerbliches Handeln, denn eine solche Vereinbarung werde zwischen privaten Personen typischerweise nicht vereinbart.
Werden hingegen nur Gegenstände des persönlichen Gebrauchs veräußert, so das LG Mainz weiter, spreche dies gegen ein unternehmerisches Handeln. Demgegenüber hält das Gericht die Argumentation, der Verkäufer habe kein Gewerbe angemeldet und sei auch bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt als umsatzsteuerpflichtig geführt, für nicht stichhaltig. Denn es obliege der betreffenden Person, ob sie sich bei den Behörden anmeldet oder nicht.
Das LG Hanau stellt in seinem Urteil vom 28.09.2006 (Az. 5 O 51/06) fest, daß es ein wesentliches Kriterium der Gewerblichkeit sei, wenn ein Anbieter die angebotenen Gegenstände zum Zwecke des Verkaufs zunächst selbst erwerbe. Dies spreche dann für ein gewerbliches Handeln, wenn es mit einer gewissen Regelmäßigkeit geschehe. Da ein gewerblicher Handel auch als Nebenerwerb getätigt werden könne, reichte es dem Gericht im vorliegenden Fall auch, daß der Beklagte in einem Zeitraum von 2 Monaten 25 Verkäufe getätigt hatte.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main argumentiert in seinem Beschluß vom 21.03.2007 (Az. 6 W 27/07) ähnlich wie das LG Mainz, daß nämlich ein gewerbliches Handeln regelmäßig dann vorliege, wenn der Anbieter als „Powerseller“ registriert sei. Andererseits – so das Gericht – sei die freiwillige Registrierung als „Powerseller“ keine notwendige Voraussetzung für die Bewertung einer Internetverkaufstätigkeit als unternehmerisch. Diese Einstufung ergebe sich aus den Kriterien je nach Einzelfall, wobei der Dauer und dem Umfang der Verkaufstätigkeit wesentliche Bedeutung zukommt.
Das OLG Frankfurt am Main stufte eine Tätigkeit als unternehmerisch ein bei:
- 484 (bewerteten) Geschäften als Verkäufer innerhalb eines Jahres
- Einstellung von ca. 20-30 Produkten (hier: Stempel) pro Woche zur Veräußerung
- Betreiben und Bewerben eines eBay-Shops
- Das zeitgleiche Anbieten von 369 Artikeln zum Verkauf innerhalb eines bzw. zwei Monaten
Vorliegend konnte den Verkäufer das Argument nicht retten, er habe die Stempel seiner privaten Sammlung entnommen und nicht selbst zuvor eingekauft. Das Gericht führte dazu aus, dass das Merkmal des Weiterverkaufs zwar für eine gewerbliche Tätigkeit spreche, während Verkäufe aus einem privaten Bestand eher dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen seien. Entscheidend sei, dass es um eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Betätigung gehe. Hier erstreckte sich die kontinuierlich Verkaufstätigkeit des Verkäufers schon auf über mehr als ein Jahr.
Auch das Landgericht (LG) Berlin hatte in seiner Entscheidung vom 05.09.2006 (Az: 103 O 75/06) zu einem gewerblichen Tätigwerden im Rahmen von eBay-Verkäufen Stellung zu nehmen. In dem zugrunde liegenden Fall erwarb und verkaufte eine Mutter von vier Kindern zahlreiche Kinderkleidungsstücke. Das Gericht betont, dass es unerheblich sei, ob die Tätigkeit nebenberuflich oder mit Gewinnerzielungsabsicht erfolge. Die Anzahl und der Gebrauchszustand der bei eBay eingestellten Artikel deuten auf eine nebenberuflich gewerbliche Tätigkeit hin, die über gelegentliche Verkäufe im Rahmen der privaten Haushaltführung hinaus geht. Kriterien:
- Anbieten um die 100 Artikel innerhalb eines Monats, von denen in etwa 3/5 Artikel einer bestimmten Sparte entsprachen (Kinderbekleidungsartikel)
- Hoher Anteil von Neuwaren bei den Verkäufen (1/3 der Kinderbekleidungsartikel)
- Einkauf von bestimmten Artikeln in größerem Umfang und Wiederverkauf der Artikel zu einem höheren Preis bei eBay (76 Kleidungsstücke zum Gesamtkaufpreis von 955,67 EUR im Zeitraum von 2 ½ Monaten, innerhalb eines Zeitraums von knapp 3 Monate waren mind. 4 Weiterverkäufe feststellbar – Kauf- und Verkaufstätigkeit der Verkäuferin sei vergleichbar wie der eines Second-Hand-Ladens).
(RA Steinle, LL.M., Fachanwalt für IT-Recht, Externer Datenschutzbeauftragter (IHK), Karlsruhe)